Auszeitklang Michaela Stohl
01. Januar 2024
Hast du Rituale in deinem Alltag?
I
ch gebe zu, ich habe wenige, ich brauche diese Art der Sicherheit nicht so sehr. Aber ich weiß, dass vielen Menschen diese Gewohnheiten sehr gut tun. Ein Ritual kann ein Morgenkaffee sein oder das Lesen eines Buches an einem bestimmten Zeitpunkt des Tages, es kann eine Atemübung oder eine Zeit der Stille mit Kerzenschein sein. Eins meiner Rituale ist mein Neujahresspaziergang früh am 1.1. Ich schaue seit ein paar Jahren, wie die kleinsten Tierchen im Wald die laute Nacht verkraftet haben. Außerdem wird da gute Luft produziert, um besser Atem holen zu können.
Vor Jahren war ich selbst traurig, weil mir der Jahreswechsel sehr zu schaffen machte. Mir machte es damals Mut, zu sehen, dass selbst diese kleinen Tierchen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind, zwar in ihren Baumhöhlen gelitten hatten, aber sich dann doch mutig auf den Weg nach draußen machen. Vielleicht ist es eine gute Strategie, zu schauen, wie die Kleinsten und Schwächsten es machen, um dann selbst loszugehen? Ich lerne viel in der Natur und beschloss damals, dass es vielleicht eine gute Idee ist, sich manchmal zu verkriechen, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Manchmal reichen im Alltag vielleicht 5 Minuten, manchmal braucht man Monate. Das ist alles ok, wichtig ist nur, dass man dann auch wieder den Schritt nach draußen wagt.
Seit damals ist viel geschehen. Wenn ich jetzt am Ende eines Jahres das Jahr reflektiere – mit seinen schönen und den Schattenseiten, dann bin ich dankbar, ich sehe das Gute und wieviel ich lernen konnte und was ich nicht wiederholen möchte. Dann kann ich fröhlich ins neue Jahr hinübergleiten, mit Träumen und Ideen im Gepäck und einen Schritt nach dem anderen mein Leben gestalten, weil ich weiß, dass da jemand den besten Plan für mein Leben hat. Es sind alles Prozesse, die Zeit brauchen, wenn wir uns diese Zeit für Entwicklung schenken.
Als heute früh der kleine Vogel vor meinem Fenster leise krächzte, wußte ich, dass es ihm nicht gut geht. Die Gier von uns Menschen ist sicher kaum zu ertragen. In Radebeul wurde eine geschlagene Stunde der Feuerwerkswahnsinn betrieben und Geld lautstark in die Luft geworfen. Aber das ist nicht der einzige Wahnsinn dieser Zeit. Würden die Menschen doch lieber Beethoven hören, dachte ich gestern noch, bei dem faszinierenden Konzert, welches Ankunft hieß. Da haben sie Pauken und Kontrabasse, die innerlich bewegen und wenn sie die Augen schließen, sehen sie vielleicht auch Farben aus den Violinen und Cellos strömen. Diese Musik ist so berührend und kraftvoll zugleich. Doch wie vermittelt man das den Menschen heute?
Jedenfalls ging ich heute also wieder in den Wald, suchte Baumhöhlen und schaute, ob es den kleinen Tierchen gut geht. Sie sahen erst einmal aus, als hätten sie schlechte Laune. Aber nach und nach löste sich ihre Starre und sie begannen, munter in ihr Leben zu laufen. Diese kleine Lebendigkeit bewegt mich jedesmal. Wie niedlich sie sind.
Ich fand noch einiges andere, was mich bewegte. Zum Beispiel den Baum, der mich vor 5 Jahren lehrte, wie gefangen Menschen sein können. Ich war wirklich verzweifelt wegen der Bosheit, die hier herrscht. Ich hatte damals große Ehrfurcht vor diesem Bild, es entstand das Gedicht Blickwinkel und ich wollte von da an Weisheit im Umgang mit Menschen lernen, wollte das Dahinter verstehen.
Der Baum ist zwar halb verrottet, aber er liegt noch da, als Erinnerung. Ich habe seither viel gelernt. Das war für mich sehr wertvoll, dies im Rückblick zu sehen. Weil ich dieses Ritual bis heute habe.
Die Sonne kleidete alles in ihr warmes Licht und weiter geht’s – lebenwärts.
Im Wald ist ja nichts umsonst, der Baum wimmelt von Leben. Wenn wir anfangen zu reflektieren und zu lieben, ist auch nichts umsonst. Wir verwandeln uns und unsere Umgebung mit. Zumindest habe ich das erlebt. Und Rituale können bei dieser Wandlung helfen.
Dieses Ritual werde ich also beibehalten, weil es mein Herz berührt und mich Dinge erkennen lässt, die von Wichtigkeit sind. Welches Ritual möchtest du in dein Leben einbauen bzw. erst einmal ausprobieren?
Ich wünsche dir ein segensreiches Jahr 2024. Die 24 ist übrigens das Symbol der Vollständigkeit. Was möchte sich in deinem Leben vervollständigen?
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